Fernerkundungsgestützte Landschaftsobjekte des Naturschutzes

Formatvorlage für deutsche Berichte

Dateninformation MAD 4.0 ("Multifunktional Anwendbarer Landbedeckungs-Datensatz") in Natflo 1.0

 

Stand 2022-06-22

 

1          Datengrundlagen

1.      Multispektrale (R, G, B, NIR) digitale Orthofotos der Landesvermessung RLP aus den Befliegungen 2015/ 2016 und 2018/ 2019, vom LVermGeo fertig mosaikiert und gekachelt.
Auflösung 0.2 m.

2.      Digitale Oberflächenmodelle (DOM, DSM), photogrammetrisch durch Stereomatching-Verfahren aus den entsprechenden Luftbildern erzeugt.
Auflösung 0.5 m.

3.      Digitale Geländemodelle (DGM, DTM) aus LiDAR-Befliegungen 2012 - 2019 dienen durch Subtraktion von DOM zur Erzeugung normalisierter DOM (nDOM), in denen die Höhe der entsprechenden Rasterzelle ÜBER GRUND angegeben wird.
Auflösung 0.5 m, Höhengenauigkeit (Z-Richtung) 0.15 m.

 

2          Software

Die wesentlichen Schritte zur Erzeugung der Daten laufen in Python (Interpolation und Rasterung der Höhenmodelle aus ASCII-Punktwolken) und in TRIMBLE eCognition Developer (Entwicklung des Rulesets zur Segmentierung und Klassifizierung der Daten) sowie eCognition Server (Automatisierung der Geoprozessierungen, batch processing) ab.

 

3          Grundsätzliche Methodik

Die Analyse der Luftbilder und Höhenmodelle wird als objektbasierte Bildanalyse (OBIA) durchgeführt. Dabei handelt es sich um die Ableitung oder Abgrenzung von Flächen verschiedener thematischer Zuordnung aus Bilddaten und angeschlossenen Zusatzinformationen.

In einem ersten Schritt der Bildanalyse werden Pixel mit ähnlichen Eigenschaften (Farbe, Helligkeit, Höhe etc.) zu Gruppen zusammengefasst (Segmentierung). Die Grenzen zwischen den Gruppen (bzw. Segmenten) werden durch Linien (Vektoren) repräsentiert. Sie entsprechen letztendlich den Grenzen der im Bild erkennbaren Landschaftselemente. Im Anschluss an die Segmentierung werden den Einzelsegmenten des Bildes anhand ihrer Eigenschaften verschiedene, vorher festgelegte Klassen zugeordnet.

 

4          Erzeugte Daten

Die bisher differenzierten Klassen wurden weitgehend an das EAGLE-Datenmodell angelehnt (https://land.copernicus.eu/eagle). Dieses verfolgt einen Land Monitoring-Ansatz, der eine klare Trennung zwischen Landbedeckung und Landnutzung aufweist und eine Beschreibung der Landschaftsbestandteile/ Objekte weniger auf feste Begriffe und Nomenklaturen stützt sondern anhand von Eigenschaften vornimmt. Die INSPIRE-Datenspezifikationen werden dabei berücksichtigt. Der aktuelle Stand des MAD-Datensatzes beschreibt die Landschaft ausschließlich auf Basis von Landbedeckungsklassen. Später erfolgt über eine Auswertung weiterer Parameter (Zonale Statistiken) eine differenziertere Klassenaufteilung der Daten nach den jeweiligen Fachanwendungen.

Der erzeugte RLP-weite MAD beinhaltet über 100 Mio. Einzelgeometrien und umfasst in seiner 2015/16er Version folgende Klassen:

 

Artificial Surfaces

Flächen ohne Vegetation, Höhe über Grund kleiner 1m und
höchstwahrscheinlich versiegelt

Bushes or Shrubs

            Aufragende, wahrscheinlich verholzte Vegetation,

Höhe über Grund zw. 1-5m

Constructions

Aufragende Nicht-Vegetation (Gebäude, Masten, Türme, etc.),
evtl. Fehler bei extremen Schattenbereichen von Bäumen

Herbaceous Plants

Vegetation < 1m Höhe oder
Vegetation zw. 1-4m Höhe mit extrem gleichmäßiger Struktur (Mais, Raps, u.ä.)

Liquid Waters

Gewässerflächen, stehend oder fließend, keine signifikante Reflektion im NIR

Natural Material Surface

Flächen ohne Vegetation, Höhe kleiner 1m und wahrscheinlich nicht versiegelt,

schwer zu trennen von Artificial Surfaces (birgt Fehler, besonders auf Straßen)

Shadow

            Schattenbereiche, in denen keine eindeutige Zuordnung möglich ist

Trees

            Aufragende, wahrscheinlich verholzte Vegetation,

Höhe über Grund größer 5m

 

Aufgrund methodischer Weiterentwicklungen wurde die Klasseneinteilung in der 2018/19er-Version verändert. Busch- und Strauchartige Vegetation (busher or shrubs) wurde mit den Bäumen (trees) zu Gehölzvegetation zusammengefasst. Hinzu kamen die Klassen „Flächen  mit linearer Anbaustruktur“ (linear cultivation) und „Gelb blühende Vegetation“ (yellow blossoms), die weitere Bildcharakteristika nutzen, um landschaftliche Objekte (hier Rapsfelder und linienhaft angebaute landwirtschaftliche Kulturen wie Wein- oder Obstanbau) abzuleiten. Außerdem wurde eine Methode entwickelt, aus den Höhendaten den Trauf-Rand von Gehölzen abzuleiten. Mit Objekten dieser Klasse (edge of vegetation) kann  beispielsweise die Übergangszone zwischen Wald und Offenland markiert werden. Die Version 2018/2019 enthält also folgende Klassen:

 

Artificial Surfaces

Flächen ohne Vegetation, Höhe über Grund kleiner 1m und
höchstwahrscheinlich versiegelt

Constructions

Aufragende Nicht-Vegetation (Gebäude, Masten, Türme, etc.),
evtl. Fehler bei extremen Schattenbereichen von Bäumen

Woody Vegetation

Gehölzvegetation; Vegagtation, die aufgrund ihrer Wuchshöhe in der Regel gehölzartig ist

Edge of Vegetation

            Randbereich aufragender Vegation, z.B. Traufrand von Wäldern, Baumkronen

Herbaceous Plants

Vegetation < 1m Höhe oder
Vegetation zw. 1-4m Höhe mit extrem gleichmäßiger Struktur (Mais, Raps, u.ä.)

Linear Cultivation

            In Zeilen angebaute Kulturen wie Wein oder Obst

Yellow Blossoms

            Gelb blühende Vegetation in gößeren Reinbeständen, i.d.R. Raps

Liquid Waters

Gewässerflächen, stehend oder fließend, keine signifikante Reflektion im NIR

Natural Material Surface

Flächen ohne Vegetation, Höhe kleiner 1m und wahrscheinlich nicht versiegelt,

schwer zu trennen von Artificial Surfaces (birgt Fehler, besonders auf Straßen)

Shadow

            Schattenbereiche, in denen keine eindeutige Zuordnung möglich ist

 

 

'Artificial Surfaces'

Versiegelte Flächen

'Constructions'

Gebäude

'Edge of Vegetation'

Randbereich aufragender Vegetation

'Herbaceous Plants'

Krautige Vegetation

'Linear Cultivation'

Anbau in Zeilen

'Liquid Waters'

Wasserflächen

'Natural Material Surface'

Unversiegelte offene Flächen

'Shadow'

Schatten

'Woody Vegetation'

Gehölzvegetation

'Yellow Blossoms'

Krautige Veg., gelb blühend

 

5          Objektbildung

Als erstes werden mehrere Ableitungen aus den spektralen Kanälen und den Höheninformationen berechnet. Diese dienen als Grundlage der Bildanalyse.

 

Die Segmentierung der Flächen verläuft in mehreren Schritten. Zunächst wird die Höhe über Grund dazu verwendet aufragende Elemente von nicht aufragenden Elementen zu unterscheiden. nDOM > 1 ist aufragend (Bäume, Häuser etc.); nDOM < 1 sind Ackerflächen, Straßen etc.

 

Im nächsten Schritt erfolgt die Trennung über den NDVI - Normalised Difference Vegetation Index. Gesunde Vegetation reflektiert im roten Bereich des sichtbaren Lichts relativ wenig und im nahen Infrarot-Bereich recht viel Strahlung. Die Verrechnung der beiden Kanäle beschreibt die Differenz und lässt somit Rückschlüsse zu, ob es sich um vegetationsbedeckte oder vegetationsfreie Flächen handelt.

 

Der Wertebereich des NDVI liegt zw. -1 und +1. Da die DOPs nicht alle am gleichen Tag im Jahr aufgenommen worden sind, sind auch die Werte des Vegetationsindex nicht immer exakt gleich. Also wird zunächst sehr konservativ segmentiert: NDVI < 0 ist definitiv keine Vegetation; NDVI > 0 ist potentiell Vegetation. Über weitere Indices werden die Geometrien dann immer weiter differenziert und klassifiziert.

 

Diese Art der Segmentierung bezeichnet man als schwellwertbasiert. Nach dem diese essentiellen Unterschiede in den Daten über diese Segmentierung voneinander getrennt sind, werden die „nicht aufragenden Gebiete“ mit einer weiteren Segmentierungsmethode in kleinere Polygone aufgesplittet, der sog. „Multiresolution Segmentation“. Dabei bestimmt die Homogenität eines Gebietes über die Kriterien Farbe, Glattheit und Kompaktheit die weitere Flächenunterteilung.

Die Gebiete mit eindeutig aufragende Vegetation (= Bäume, Büsche) werden mit einem growing-down-Algorithmus segmentiert. Dazu wird der höchste Vegetationspunkt des DOPs gesucht und anschließend in 0,5m-Schritten zum Boden hin „wachsen“ gelassen. Über diese Methode kommt man zu einer teilweisen Einzelbaum- bzw. Baumgruppen-Segementierung. In Bereichen mit gleichaltrigen bzw. gleichhohen Bäumen ergeben sich immer Baumgruppen.

 

Im MAD 4.0 beträgt die kleinste kartierte Raumeinheit (MMU, minimal mapping unit) 3 m². Dieser Wert wird im Moment noch unspezifisch für alle Klassen gebraucht. Es wird über klassenspezifische MMU nachgedacht.

 

6          Bekannte Fehlermöglichkeiten im Datensatz/ Erfassungsalgorithmus

Die Unterscheidung der Klassen Artificial Surfaces und Natural Material Surface ist nur auf Grundlage der Orthofotos nicht eindeutig, da beide einen sehr geringen NDVI aufweisen und das Farbspektrum von „schmutzigen“ Straßen das gleiche ist wie von offenem Boden bzw. von Steinen ähnlich zu asphaltieren Wegen.

Besonders hohe Bodenvegetation wie Maisfelder werden schnell als Bushes or Shrubs fehlklassifiziert. In der kommenden Version ist bereits ein Texturparameter integriert um dazu bessere Ergebnisse zu erhalten.

Des Weiteren gibt es auch in den Ausgangsdaten des DOM noch signifikante Höhenfehler (z.B. bei besonders homogenen Flächen wie Gewässer und Äcker), welche bisher nur teilweise umgangen werden konnten.

Durch die Zentralperspektive bei der Luftbildaufnahme entstehen gegen den Bildrand größere durch Vegetation und andere Erhebungen verdeckte, sichttote Räume. Diese Verkippungseffekte könnten bei der Bildkorrelation vermindert werden, indem Luftbilder mit einer höheren Überdeckung der Flugstreifen aufgenommen und mehr Bildbereiche nahe der Nadirlinie für die Bildkorrelation verwendet werden (ab 2018 in RLP bereits umgesetzt worden).

Im Bereich von Gewässerflächen, insbesondere den großen Flüssen kommt es gehäuft zu Fehlklassifikationen. Dabei hadelt es sich in der Regel um bekannte Effekte, die durch die besonders variablen Reflexionseigenschaften von Wasserflächen entstehen. Nähere Informationen dazu finden sich in den Zusatzinformationen zum Layer „Landbedeckung“ in der Themenliste des WebGis.